Du bist ein GOTT, der mich sieht…

Auf meinem Weg zur Arbeit komme ich den einen oder anderen Morgen an die Bushaltestelle der Hauptstraße, um dort auf meine Mitfahrgelegenheit zur Kita zu warten. Hin und wieder treffe ich dort auf andere Menschen, die ebenfalls warten, mal Schüler, mal eine Bekannte aus der Nebenstraße – aber meistens bin ich alleine dort.

An jenem Morgen jedoch nicht. Diese Schnecke war ebenfalls dort. Die Schleimspur auf dem Asphalt ließ darauf schließen, dass sie aus dem Gebüsch hinter uns gekommen sein musste. Mitten auf dem Fußweg hatte sie gestoppt, sich aufgerichtet und den Blick geradewegs Richtung Wiedenest gerichtet. Wartete auch sie auf eine Mitfahrgelegenheit? Auf den Bus? Auf eine befreundete Schnecke? Oder wollte sie einfach nur auf die andere Straßenseite und wartete auf eine Lücke im frühmorgendlichen Berufsverkehr, die es ihr ermöglichen würde, die Straße gefahrenlos zu überqueren? Während ich noch überlegte, ob ich sie nehmen und auf eine der naheliegenden Wiesen bringen sollte, um sie vor etwaigen Unfällen mit herannahenden Fahrrädern oder Autos zu bewahren, machte sie plötzlich auf der Stelle kehrt und kroch auf genau der gleichen Spur, die sie auf ihrem Hinweg hinterlassen hatte, zurück ins Gebüsch. Ich werde wohl nie erfahren, was sie zu diesem Kurzausflug am frühen Morgen getrieben hat, was sie zur Rückkehr bewegt hat, worauf sie ursprünglich gewartet hat.

Warum diese Geschichte, diese Schnecke im Zusammenhang mit der diesjährigen Jahreslosung? Als mir die Losung „du bist ein Gott, der mich sieht“ in den letzten Tagen zum ersten mal begegnete, dachte ich sofort – ohne den ursprünglichen Bibeltext im Kopf zu haben – an unsere kleinen und großen Kinder. Und an meine Kolleginnen. Und an meine Familie. Und an mich.  Auf der Suche in meinem Archiv nach einem passenden Bild fiel mir diese Schnecke vom vergangenen November wieder ein. Egal, wie klein ich bin – Gott sieht mich. Egal, was mich im Leben derzeit bewegt, vielleicht sogar bedrückt – Gott sieht mich. All meine Freude, mein Lachen, mein Singen und Tanzen – Gott sieht mich. Mein bitterliches Weinen, meine Sorgen, meine Ängste – Gott sieht mich. Wohin mein Weg mich auch führt – Gott sieht mich, ähnlich wie ich diese Schnecke gesehen habe. Ich hätte auch einfach vorbei gehen können und mich nicht weiter kümmern. Aber ich habe sie nicht nur optisch wahrgenommen – ich habe sie gesehen. Ich habe sie gesehen und begonnen, mir Gedanken zu machen, hatte ja sogar die Überlegung angestellt, sie eventuell zu „retten“. Und so ist auch Gott in unserem Leben immer an unserer Seite. Er hat uns im Blick, er nimmt uns wahr. Er lässt uns unseren Weg gehen – und wenn nötig greift er ein. Er beobachtet uns. Er macht sich Gedanken um uns. Ich finde, das ist ein schönes Bild.

Hierzu habe ich auch noch ein kleines, feines, ein wenig umgedichtetes Lied aus der Kita für alle…

„Bist du groß oder bist du klein, oder mittendrin – GOTT sieht dich!

Bist du dick oder bist du dünn, oder mittendrin – GOTT sieht dich!

Er sieht dich wenn du lächelst, er sieht dich wenn du weinst,

er sieht dich wenn du müde bist, er sieht dich wenn du träumst.

Egal, wie du aussiehst, egal wie du dich fühlst – GOTT sieht dich! Gib ihm die Ehre…

GOTT sieht dich! Gib ihm die Ehre…

GOTT sieht dich und dich und dich und dich und mich!“