Leben ist Zeichnen ohne Radiergummi…

Ein kleiner Junge steht ganz alleine an der See, die Füße im Wasser, den Wind in den Haaren, einen Eimer in der Hand und den Blick raus aufs weite Meer geworfen. Oder doch nur bis zur nächsten Sandbank? Was geht vor in seinem Kopf? Friert er? Überlegt er, ob er sich durch den Priel traut bis rüber zur nächsten Sandbank? Möchte er seinen Eimer einfach nur mit Wasser füllen? Hat er ein Schiff am Horizont entdeckt? Beobachtet er die Wellen?

Drei Jahre alt ist der Zwerg im Juli 2008 auf dem Foto – und nur wenige Tage später war auch er ein Kind unserer Kita Kreuz & Quer. Er konnte es kaum erwarten, hatte „seine Panama-Gruppe“ schon an einem Nachmittag besuchen und mit den anderen Kindern spielen dürfen. Er freute sich auf die vielen Spielsachen dort und am meisten auf die Fahrzeuge im Außengelände. „Da sind auch andere Jungs, Mama!“ war die wichtigste Neuigkeit für ihn. Es ist immer sehr aufregend und spannend, wenn solch ein großer Schritt im Leben gegangen wird, sowohl für die Kinder als auch für uns Eltern. Ich erinnere mich selbst noch sehr gut an die Zeit, als auch ich und mein Mann viele Fragen hatten, organisieren mussten und den neuen Lebensabschnitt planten. Viele neue Erfahrungen kommen auf die Familien zu, aber auch neue Aufgaben und Herausforderungen. Wie organisiere ich den neuen Alltag innerhalb der Familie? Was mache ich als Mama oder Papa mit meiner „freien Zeit“, denn damals ging ich noch nicht arbeiten. Und wenn mein Kind weint morgens beim Bringen? Kann ich den Erzieherinnen soweit vertrauen, dass sie es schon beruhigen werden? Wird mein Kind Freunde und Freundinnen finden? Spaß haben im Kindergarten? Was wird es lernen, welche neuen Ideen wird es mit nach Hause bringen? Und wenn mein Kind krank wird? Ich war damals ja noch zu Hause, aber als ich dann irgendwann arbeiten ging, war es eine ziemliche Herausforderung, eine anderweitige Betreuung zu organisieren. Und hatte sich bis dahin noch der tägliche Rhythmus nach meinem Sohn und seinen Geschwistern richten können, die damals schon in die Schule gingen, so kam jetzt plötzlich mein eigener Zeitplan ins Spiel und wollte auch berücksichtigt werden.

Zurzeit planen wir in der Kita auch, und zwar für das neue Kita Jahr und die neuen Kita Kinder. Die Jungs und Mädchen sind nach bestimmten Vorgaben aufgenommen und entsprechend auf die vier Gruppen der Einrichtung verteilt. Die Verträge mit den Eltern sind unterschrieben, und somit haben wir für die neuen Kinder auch schon die Unterlagen in den Gruppen. Auch für uns Erzieherinnen ist es immer wieder spannend, was mit dem neuen Jahr auf uns zukommt. Wir lernen andere Familien kennen, die Kinder werden die Gruppensituation verändern und prägen und wir werden mit ihnen viel Neues erleben und auch lernen. Auch wir stehen immer neuen Herausforderungen gegenüber – in diesem, wie auch im letzten Jahr, beeinflusst die Pandemie alle Vorbereitungen für das neue Kindergartenjahr. Wir werden den Elternabend für die neuen Familien daher online durchführen und sind schon ganz gespannt, wie das abläuft und wer dort auf dem Bildschirm erscheinen wird. Die Aufnahmegespräche für die persönlichen, familienspezifischen und auf das eigene Kind bezogenen Fragen und Absprachen werden in den Wochen danach telefonisch durchgeführt. Die Eingewöhnung im kommenden Sommer wird die Pandemie am wenigsten beeinflussen, das haben wir bereits im letzten Kindergartenjahr erleben dürfen. Die ersten Tage sind für die Kleinen und auch uns Großen die wichtigsten und prägendsten, so dass wir uns hier den persönlichen Kontakt zu den Eltern nicht nehmen lassen. Wenn die Bestimmungen es vorgeben, werden wir halt mit Maske und/oder Tests eingewöhnen. Aber wir werden bei allen Auflagen und Hygienevorschriften und sich dauernd ändernden Bestimmungen immer die Kinder als Erstes und Wichtigstes im Blick haben. Gleiches gilt für alle übrigen Kindergartenkinder, denn auch für sie bringt das neue Jahr Veränderungen mit sich. Bisherige Freunde und Freundinnen wechseln in die Schule oder Kinder wechseln aus der Nestchengruppe aufgrund ihres Alters in eine andere Gruppe. Neue Spielsituationen entstehen und jedes Kind positioniert sich anders in der neuen Konstellation.

Wir Erwachsenen machen uns oftmals viele Sorgen und Gedanken, wie etwas werden könnte und was wir dann machen und wie wir reagieren – und die Kinder? Sie leben und erleben es einfach, sie machen aus jeder Situation das Beste und gehen meist ganz unbefangen und neugierig auf Neues zu. Sie überraschen uns immer wieder. Sie brauchen kein Radiergummi für ihr Leben – sie malen im Zweifelsfall drüber oder malen erst und sagen dann danach, was es geworden ist…